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Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht über Krankheitsregister, nach Gründungsjahren geordnet, und die entsprechenden Orte und Gründungs-Personen, bzw. der Personen, die das Register aufgebaut haben. Das erste epidemiologische Krebsregister der Welt in Hartford Connecticut, USA, (http://www.harthosp.org/cancer/registry/) wurde von einer jungen Frau, Eleanor Macdonald aufgebaut, die mit 95 Jahren in Houston, Texas, immer noch publizistisch tätig ist.
Sieveking, Hamburg1926Krebsregister [11]
Macdonald, Connecticut, USA1928Krebsregister [7, 12]
Clemmesen, Dänemark1942Krebsregister [4]
England1945Krebsregister
Proppe und Wagner, Kiel1951Lupus-Register [16]
DDR (Meldepflicht)1952Krebsregister [1]
Piertkien, Kiel und Giere, Wiesbaden1961Vergiftungsregister [15]
Jahn, Berlin1965Artikel "Krebsregister" [10]
Kiel, Dtsch. Ges. für Pathologie1965Lymphomregister
Griesser, Kiel / Ehlers, Göttingen1966Verlaufsbeobachtungen [6]
Dhom et al., Saarland (1. Gesetz)1967Krebsregister [13]
Dhom, Homburg/Saar1970Prostataregister [5]
Wagner et al., Heidelberg1973Knochentumorregister [17]
Michaelis, Mainz1980Kinderkrebsregister [14]

Die Entwicklung und Förderung von Krankheitsregistern, die in erster Linie Krebsregister sind, wurde in der Bundesrepublik Deutschland Jahrzehnte lang nicht nur vernachlässigt sondern sogar zerstört. Für das 1952 in der DDR gegründete Krebsregister wurde 1989 die Meldepflicht aufgehoben und dieses Register wurde erst 1993 mit freiwilliger Meldung weiter geführt. Über die Qualität des DDR-Registers gab und gibt es Diskussionen. Ein Grund der Aufhebung der Meldepflicht lag auch in der Datenschutzproblematik.

Das 1926 gegründete Krebsregister der Stadt Hamburg stellte in Deutschland für lange Zeit eine Ausnahme dar. Es wurde durch den Stadtphysikus Sieveking ursprünglich in einem sehr modernen Sinne als Instrument für die Nachsorge und Überwachung eingerichtet [7]. Es war das erste Krebsregister der Welt.

Am Beispiel der Altersdisposition des Lupus vulgaris wurde von Proppe und Wagner 1951 an der Hautklinik Kiel demonstriert, dass die Vorteile bei der Verwendung maschineller Auswertungsverfahren eines Krankheitregisters nicht so sehr in der Bewältigung großen Datenvolumens liegen, sondern vielmehr in der Möglichkeit, die in einen komplexen Sachverhalt wirkenden Einflussfaktoren zu isolieren und ihre Auswirkungen zu beschreiben [12].

Erwin Jahn, Berlin, Forschungsstelle für Medizinische Sozialforschung, schrieb 1964 einen Artikel im Bundesgesundheitsblatt über die Einrichtung eines bundesweiten Krebsregisters [6], den er 1966 in dem von Wagner herausgegebenen Buch über die Dokumentation und Statistik maligner Tumoren erweiterte [9]. Beide Artikel wurden in den folgenden Jahre für die Entwicklung von Registern bestimmend.

1965 wurde durch die Deutsche Gesellschaft für Pathologie in Kiel ein Register für Lymphome eingerichtet.

Von Griesser und Ehlers wurden 1966 die dringende Notwendigkeit und die Möglichkeiten einer lückenlosen Verlaufsbeobachtung aller Krebskranken aufgezeigt, wobei das Schicksal der Krebspatienten im Vordergrund stehen sollte [4].

Erst Ende der 60er Jahre wurde damit begonnen, neue regionale Register aufzubauen. Als Paradebeispiel muss das Krebsregister des Saarlandes (Beginn der Registrierung 1967) als epidemiologisches Register angeführt werden, [2]. Bis heute ist eine flächendeckende Einrichtung von Krebsregistern und eine bundeseinheitliche Regelung, in welcher Form die Meldepflicht oder das Melderecht erfolgen soll, noch nicht erreicht.

Unter massgeblicher Beteiligung Dhoms entstand 1967 das Inzidenz- und Verlaufsregister für Krebsfälle des gesamten Saarlandes, das in der Planung der Dokumentation und bei der maschinellen Auswertung vom Deutschen Krebsforschungszentrum unterstützt wurde Der Aufbau und die Funktion dieses Registers wird von Gisela Merle 1975 in ihrer Dissertation ausführlich beschrieben, die darin auch eine Antwort auf die Frage nach der Notwendigkeit solcher Registrierungen versucht [9].

Hermanek übernahm 1969 die Einrichtung und Leitung einer selbständigen Abteilung für klinische Pathologie an der Chirurgische Universitätsklinik Erlangen. Es war der Beginn einer langen Periode des Arbeitens an Tumor-Klassifikationen und Tumorregistern [9].

Eine Gruppe von Urologen und Pathologen fasste 1970 auf einem Symposium in Homburg den Beschluß, ein zentrales Prostata-Karzinom-Register für die Bundesrepublik Deutschland zu erstellen. Dieser Beschluss wurde von Dhom (Homburg/Saar) verwirklicht. Aufgabe des Registers sollte es sein, eine möglichst große Zahl an klinisch und bioptisch beobachteten Fällen zu erfassen und zu klassifizieren. Außerdem sollte dieses Krebsregister dazu dienen, dass man es in histologisch nicht eindeutigen Fällen zu Rate ziehen kann [3].

Unter der Ägide Wagners begann 1973 der Aufbau eines Knochentumorregisters für die Bundesrepublik Deutschland am DKFZ in Heidelberg [20]. Damit verbunden war die Gründung einer deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft von Pathologen für die Knochentumor-Histologie.

Die Gesellschaft zur Bekämpfung der Krebskrankheiten in Nordrhein-Westfalen e.V. richtete unter der Leitung von E. Grundmann 1974 am Pathologischen Institut der Universität Münster ein Krebsregister ein, durch das die Ärzte des Regierungsbezirks Münster bei der Durchführung ihrer Nachsorgeaufgaben unterstützt werden sollten [8]. Ein Medizin-Informatiker aus den ersten Semestern des Studiums MI, Volker Krieg, hatte später ab 1978 maßgeblichen Anteil am Aufbau des Registers. Dieses Register war im Gegensatz zum Register im Saarland nicht als epidemiologisches Register geplant.

Im November 1977 beschlossen die Vertreter von 16 Tumorzentren und onkologischen Arbeitskreisen, eine 'Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren' (ADT) zu gründen, deren erste Aufgabe es sein sollte, ein allgemein verbindliches Grundprogramm für die Ersterfassung und die Nachsorge tumorkranker Patienten zu formulieren. Unter der Federführung von Wagner wurde in einem Arbeitsausschuss, bestehend aus insgesamt 42 Klinikern, Statistikern und Datenverarbeitungsexperten, die sogenannte 'Basisdokumentation für Tumorkranke' erstellt [19]. Zu dieser Basisdokumentation gehörten drei verschiedene Typen von Erhebungsbögen:

  • Der Bogen für die Erstuntersuchung des Patienten,
  • der Nachsorgebogen, der bei jeder Folgeuntersuchung ausgefüllt wurde und
  • der Abschluss-Erhebungsbogen, der erstellt wurde, wenn der Patient durch Tod oder anderweitig aus der medizinischen Überwachung ausschied.

Um die erhobenen Daten zu vergleichen, wurde, soweit möglich, eines der internationalen Schlüsselsysteme verwendet. Dabei war es wichtig, das Schlüsselsystem, das verwendet wurde, zu dokumentieren [21].

Gemessen an der relativ kurzen Dauer seines Bestehens, kam dem Mainzer Kinderkrebsregister unter der Leitung von Michaelis eine bemerkenswerte Bedeutung zu. Obwohl es erst im Jahr 1980 seine Arbeit aufgenommen hat, konnte es bis 1999 auf einen Datenbestand von 27.796 Patienten unter 15 Jahren verweisen. Das stellte einen Vollständigkeitsgrad der Erfassung von 95% dar [3].

Nachrichten

News

Nachruf Prof. Dr. sc. hum. Paul Schmücker

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Mit großer Trauer und tiefem Respekt nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Paul Schmücker, der im Alter von 76 Jahren am 19.03.2025 verstorben ist. Mit ihm verlieren wir nicht nur einen der profiliertesten Köpfe der deutschen Gesundheits-IT, sondern auch einen leidenschaftlichen Gestalter, scharfsinnigen Diskussionspartner und geschätzten Kollegen und Freund.
Paul Schmücker widmete sein gesamtes Berufsleben der Medizinischen Informatik. Mit beeindruckender fachlicher Tiefe, klarem analytischen Verstand und einer großen Portion Humor und Empathie hat er die digitale Transformation des Gesundheitswesens über Jahrzehnte mitgeprägt – in Forschung und Lehre ebenso wie in zahlreichen Gremien, Projekten und Netzwerken.
Sein Engagement begann früh: Bereits 1987, als er an die Universität Heidelberg wechselte und dort die Archivleitung übernahm, erkannte er die Bedeutung digitaler Archive und gründete die Arbeitsgruppe „Archivierung von Krankenunterlagen“ in der GMDS, die er mit großer Energie und Überzeugung leitete. Daraus entstand ein weitreichendes Netzwerk sowie zahlreiche Impulse für die Professionalisierung der Krankenhaus-IT.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit engagierte sich Paul Schmücker über Jahrzehnte hinweg für den fachlichen Austausch in der Community. Die von ihm mitgestaltete KIS-Tagung war jahrelang ein zentraler Treffpunkt für die Branche. Mit großem Einsatz begleitete er auch deren Integration in die damalige conhIT – heute DMEA – und prägte die Veranstaltung maßgeblich mit. Die von ihm initiierte DMEA-Satellitenveranstaltung, die er mit pointierten Inhalten und exzellenten Referent*innen organisierte, wurde schnell zu einem geschätzten Highlight.
Nach seinem Wechsel an die Hochschule Mannheim setzte er seine Arbeit als Professor für Medizinische Informatik fort und vermittelte mit Begeisterung Wissen an junge Menschen. Viele seiner Absolvent*innen erinnern sich an ihn als fordernden, engagierten und inspirierenden Lehrer, der stets ein offenes Ohr hatte – und kein Blatt vor den Mund nahm.
In den Fachverbänden war Paul Schmücker eine feste Größe. Als Präsident der GMDS und späteres Ehrenmitglied setzte er Impulse, brachte Projekte auf den Weg und vertrat klare Positionen. Im BVMI, bvitg, KH-IT und als Botschafter der Entscheiderfabrik war er ein gefragter Experte und Ideengeber. Auch im CCeSigG war er aktiv und zeigte eindrucksvoll, wie IT zur Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen beitragen kann. Auch in der bundesweiten Medizininformatik-Initiative (MII) ab 2016 engagierte er sich stark – auch hier mit einem besonderen Schwerpunkt zu den Themen Lehre und Fortbildung.
Paul Schmücker war kein Diplomat – und genau das machte ihn aus. Er sprach aus, was gesagt werden musste, stets fundiert, oft mit spitzer Zunge, aber nie verletzend. Seine direkte Art, gepaart mit fundiertem Wissen und der Fähigkeit, auch komplexe Sachverhalte verständlich zu vermitteln, machte ihn zu einem wertvollen Partner, Mentor und Diskussionsführer.
Wir verlieren mit ihm einen Fachmann, kritischen Geist und Innovator, vor allem aber einen Menschen und Freund, der mit Offenheit, Humor und unbeirrbarer Klarheit unsere Arbeit geprägt hat. Seine Stimme wird fehlen – sein Wirken bleibt.
In tiefer Dankbarkeit und
Die Vorstände/Präsidien und Mitglieder von GMDS, BVMI, bvitg, CCeSigG, TMF und KH-IT


 

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