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Die medizinische Dokumentation wird in diesem Kapitel nur angesprochen, wenn sie Strukturen aufweist, die auf eine automatische oder maschinelle Verarbeitung hinweisen können oder als Vorstufe dazu gedient haben könnten. Die eigentliche Medizinische Dokumentation ist natürlich wesentlich älter, sie beginnt bereits im alten Ägypten mit dem Papyrus Smith. Der Name stammt vom Entdecker des Papyrus, nicht etwa von dessen Erzeuger, wie das sonst üblich wäre. Erwähnenswert ist das St. Bartholomäus-Krankenhaus in London, gegründet 1123, das in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch eine Anweisung von Heinrich VIII das Schreiben von Krankengeschichten eingeführt hatte und ein Medical Record Departement einrichtete. Ohne diese Vorarbeit wäre wohl 500 Jahre später eine moderne medizinische Dokumentation nicht möglich gewesen.

In der gleichen Zeit wie die Gründung dieser Abteilung sind auch in Deutschland die Anfänge der Vorstufe einer medizinischen Dokumentation mit maschinellen Bearbeitungsmöglichkeiten zu konstatieren. Schon eine invertierte Krankenblattdatei nach Namen sortiert ist eine derartige Vorstufe, die z.B. der Nürnberger Stadtarzt Johannes Magenbuch 1526 anlegte [1]. Böhm beschreibt sogar den eventuellen Beginn einer Standardisierung der medizinischen Dokumentation durch Magenbuch:

"Interessant ist darüber hinaus die nüchterne, mit formelhaft stereotypen Wendungen durchsetzte Sprache in Magenbuchs Tagebuch, die als ein Versuch zur Standardisierung interpretiert werden kann." ([2] S. 67).

Im Zuge der generellen Anwendung von fertigen Datenbanksystemen kommt es dem Anwender in den meisten Fällen überhaupt nicht mehr ins Bewusstsein, dass im Inneren dieser Datenbanksysteme auch invertierte Dateien stecken.

Im 17. Jahrhundert sind im europäischen Ausland durch die Engländer Francis Bacon, Thomas Sydemham, den Spanier Juan del Vega und die Italiener Giorgio Baglive und Giovanni Maria Lancisi die Ansätze strukturierter Dokumentation weiter voran getrieben worden.

Ende des 18. Jahrhundert gewannen die großen Wiener Ärzte auch für die Krankengeschichtsschreibung große Bedeutung, weil sie schon die übergeordnete Bedeutung strukturierter Krankengeschichten erkannten. Das Zitat des bekannten Leiters der Wiener Medizinischen Klinik Maximilian Stoll, (1742-1788) aus dem Jahr etwa 1785 (zitiert bei Goldhahn) soll das verdeutlichen:

"Wenn man nämlich mehrere Krankengeschichten ein und derselben Krankheit beisammen hat und sie miteinander verglichen hat, kann man Richtlinien für die Praxis ableiten und Lehrsätze aufstellen." ([4] S. 129).

Das Zitat steht hier, um zu verdeutlichen, dass diese Art des Denkens als Ausgangsbasis für eine maschinelle Verarbeitung der Krankengeschichten herangezogen werden kann. Vor allem aber auch um zu zeigen, dass damals schon über 'Leitlinien' nachgedacht wurde.

In der Reihe der Personen, die eine medizinische Dokumentation formal auf eine maschinelle Verarbeitung hin weiter entwickelten, ist auch Florence Nightingale zu nennen, die damit auch schon gemeinsam mit William Farr eine statistische Auswertung im Auge hatten [3].

So schrieb Cook [3] in der Biographie der Florence Nightingale (1820-1910) über die Jahre 1859 bis 1861:

"When Miss Nightingale came home, and began examining the Hospital Statistics in London, she found, not imdeed such glaring carelessness as this, but a complete lack of scientific coordination. The statistics of hospitals were kept on no uniform plan. Each hospital followed its own nomenclature and classification of diseases. There had been no reduction on any uniform model of the vast amount of observations which had been made." (S. l).

In Deutschland beschrieb 1960 Otto Nacke zum ersten mal die Aufgaben und die Organisation medizinischer Dokumentation in strukturierter Form [5].

Nachrichten

News

Nachruf Prof. Dr. sc. hum. Paul Schmücker

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Mit großer Trauer und tiefem Respekt nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Paul Schmücker, der im Alter von 76 Jahren am 19.03.2025 verstorben ist. Mit ihm verlieren wir nicht nur einen der profiliertesten Köpfe der deutschen Gesundheits-IT, sondern auch einen leidenschaftlichen Gestalter, scharfsinnigen Diskussionspartner und geschätzten Kollegen und Freund.
Paul Schmücker widmete sein gesamtes Berufsleben der Medizinischen Informatik. Mit beeindruckender fachlicher Tiefe, klarem analytischen Verstand und einer großen Portion Humor und Empathie hat er die digitale Transformation des Gesundheitswesens über Jahrzehnte mitgeprägt – in Forschung und Lehre ebenso wie in zahlreichen Gremien, Projekten und Netzwerken.
Sein Engagement begann früh: Bereits 1987, als er an die Universität Heidelberg wechselte und dort die Archivleitung übernahm, erkannte er die Bedeutung digitaler Archive und gründete die Arbeitsgruppe „Archivierung von Krankenunterlagen“ in der GMDS, die er mit großer Energie und Überzeugung leitete. Daraus entstand ein weitreichendes Netzwerk sowie zahlreiche Impulse für die Professionalisierung der Krankenhaus-IT.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit engagierte sich Paul Schmücker über Jahrzehnte hinweg für den fachlichen Austausch in der Community. Die von ihm mitgestaltete KIS-Tagung war jahrelang ein zentraler Treffpunkt für die Branche. Mit großem Einsatz begleitete er auch deren Integration in die damalige conhIT – heute DMEA – und prägte die Veranstaltung maßgeblich mit. Die von ihm initiierte DMEA-Satellitenveranstaltung, die er mit pointierten Inhalten und exzellenten Referent*innen organisierte, wurde schnell zu einem geschätzten Highlight.
Nach seinem Wechsel an die Hochschule Mannheim setzte er seine Arbeit als Professor für Medizinische Informatik fort und vermittelte mit Begeisterung Wissen an junge Menschen. Viele seiner Absolvent*innen erinnern sich an ihn als fordernden, engagierten und inspirierenden Lehrer, der stets ein offenes Ohr hatte – und kein Blatt vor den Mund nahm.
In den Fachverbänden war Paul Schmücker eine feste Größe. Als Präsident der GMDS und späteres Ehrenmitglied setzte er Impulse, brachte Projekte auf den Weg und vertrat klare Positionen. Im BVMI, bvitg, KH-IT und als Botschafter der Entscheiderfabrik war er ein gefragter Experte und Ideengeber. Auch im CCeSigG war er aktiv und zeigte eindrucksvoll, wie IT zur Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen beitragen kann. Auch in der bundesweiten Medizininformatik-Initiative (MII) ab 2016 engagierte er sich stark – auch hier mit einem besonderen Schwerpunkt zu den Themen Lehre und Fortbildung.
Paul Schmücker war kein Diplomat – und genau das machte ihn aus. Er sprach aus, was gesagt werden musste, stets fundiert, oft mit spitzer Zunge, aber nie verletzend. Seine direkte Art, gepaart mit fundiertem Wissen und der Fähigkeit, auch komplexe Sachverhalte verständlich zu vermitteln, machte ihn zu einem wertvollen Partner, Mentor und Diskussionsführer.
Wir verlieren mit ihm einen Fachmann, kritischen Geist und Innovator, vor allem aber einen Menschen und Freund, der mit Offenheit, Humor und unbeirrbarer Klarheit unsere Arbeit geprägt hat. Seine Stimme wird fehlen – sein Wirken bleibt.
In tiefer Dankbarkeit und
Die Vorstände/Präsidien und Mitglieder von GMDS, BVMI, bvitg, CCeSigG, TMF und KH-IT


 

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