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In den Jahren 1963 – 1969 haben sich in Deutschland zwei Personen erfolgreich mit der maschinellen Textverarbeitung in der Medizin auseinander gesetzt, Röttger in Frankfurt und Wingert in Hannover und Münster.

Röttger war Pathologe und wollte die Daten der Autopsieberichte, die Grundleiden, Einzelorganbefunde, histologische Befunde, Körper- und Organgewichte, Personalien und klinische Diagnosen umfassen, maschinell aufbereiten. In einem Arbeitskreis wurde deshalb seit 1963 von Röttger, Reul, Klein und Sunkel die Auswertung pathologisch-anatomischer Befundberichte mittels Klartextanalyse entwickelt. Dazu wurden die Berichte statt mit Schreibmaschine auf einem Flexowriter geschrieben, wobei gleichzeitig ein Lochstreifen produziert wurde, der dann automatisch (von einer IBM 1401) auf ein Magnetband übertragen wurde. Die Vorteile dieses Verfahrens lagen auf der Hand:

  • Die Dokumentation erfolgte ohne eine zusätzliche Belastung des Routinebetriebes.
  • Die gespeicherten Informationen konnten in beliebiger Form und Häufigkeit für statistische Auswertungen genutzt werden.

Anschließend wurden die Berichte mit Hilfe eines Thesaurus, der 1969 bereits ca. 38.000 Einheiten enthielt, von einem Computer verglichen und standardisiert [2-4, 5].

Das von Pratt [1] vorgestellte Verfahren zur Verarbeitung pathologisch-anatomischer Texte auf der Basis von SNOP (Systemized Nomenclature of Pathology) bewertete Wingert 1974 als sehr erfolgreich, machte aber darauf aufmerksam, dass eine Übertragung in die deutsche Sprache nicht ohne weiteres möglich sei [209]. Er verwies deshalb auf den Aufbau eines (sprachunabhängigen) Morphem-Dictionarys, das zu diesem Zeitpunkt ca. 7.000 Elemente und 256 morphosyntaktische Regeln für die Analyse enthielt [6].

Wingert beschäftigte sich nicht nur mit der reinen Übersetzung des SNOP sondern setzte die Klartextverarbeitung medizinischer Texte zur automatischen Codierung dieser Texte in SNOMED (Systemized Nomenclature of Medicine) ein [7].

Wingert benannte 1979 die Ziele der Klartextverarbeitung:

  • Unterstützung der ärztlichen Entscheidungsfindung,
  • Frage-Antwort-Systeme, in Form von Lehrprogrammen,
  • Arztbriefschreibung,
  • Automatische Übersetzung zwischen Sprachen und Klassifikationen,
  • Schätzung und Überwachung der Kosten für die Krankenversorgung,
  • Gewinnung von Hypothesen über Syndrome.

Probleme, diese Ziele zu erreichen, sah er vor allem darin, dass in der Medizin Standardisierungen in der Terminologie und gute Klassifikationen fehlten [8].

Nachrichten

News

Nachruf Prof. Dr. sc. hum. Paul Schmücker

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Mit großer Trauer und tiefem Respekt nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Paul Schmücker, der im Alter von 76 Jahren am 19.03.2025 verstorben ist. Mit ihm verlieren wir nicht nur einen der profiliertesten Köpfe der deutschen Gesundheits-IT, sondern auch einen leidenschaftlichen Gestalter, scharfsinnigen Diskussionspartner und geschätzten Kollegen und Freund.
Paul Schmücker widmete sein gesamtes Berufsleben der Medizinischen Informatik. Mit beeindruckender fachlicher Tiefe, klarem analytischen Verstand und einer großen Portion Humor und Empathie hat er die digitale Transformation des Gesundheitswesens über Jahrzehnte mitgeprägt – in Forschung und Lehre ebenso wie in zahlreichen Gremien, Projekten und Netzwerken.
Sein Engagement begann früh: Bereits 1987, als er an die Universität Heidelberg wechselte und dort die Archivleitung übernahm, erkannte er die Bedeutung digitaler Archive und gründete die Arbeitsgruppe „Archivierung von Krankenunterlagen“ in der GMDS, die er mit großer Energie und Überzeugung leitete. Daraus entstand ein weitreichendes Netzwerk sowie zahlreiche Impulse für die Professionalisierung der Krankenhaus-IT.
Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit engagierte sich Paul Schmücker über Jahrzehnte hinweg für den fachlichen Austausch in der Community. Die von ihm mitgestaltete KIS-Tagung war jahrelang ein zentraler Treffpunkt für die Branche. Mit großem Einsatz begleitete er auch deren Integration in die damalige conhIT – heute DMEA – und prägte die Veranstaltung maßgeblich mit. Die von ihm initiierte DMEA-Satellitenveranstaltung, die er mit pointierten Inhalten und exzellenten Referent*innen organisierte, wurde schnell zu einem geschätzten Highlight.
Nach seinem Wechsel an die Hochschule Mannheim setzte er seine Arbeit als Professor für Medizinische Informatik fort und vermittelte mit Begeisterung Wissen an junge Menschen. Viele seiner Absolvent*innen erinnern sich an ihn als fordernden, engagierten und inspirierenden Lehrer, der stets ein offenes Ohr hatte – und kein Blatt vor den Mund nahm.
In den Fachverbänden war Paul Schmücker eine feste Größe. Als Präsident der GMDS und späteres Ehrenmitglied setzte er Impulse, brachte Projekte auf den Weg und vertrat klare Positionen. Im BVMI, bvitg, KH-IT und als Botschafter der Entscheiderfabrik war er ein gefragter Experte und Ideengeber. Auch im CCeSigG war er aktiv und zeigte eindrucksvoll, wie IT zur Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen beitragen kann. Auch in der bundesweiten Medizininformatik-Initiative (MII) ab 2016 engagierte er sich stark – auch hier mit einem besonderen Schwerpunkt zu den Themen Lehre und Fortbildung.
Paul Schmücker war kein Diplomat – und genau das machte ihn aus. Er sprach aus, was gesagt werden musste, stets fundiert, oft mit spitzer Zunge, aber nie verletzend. Seine direkte Art, gepaart mit fundiertem Wissen und der Fähigkeit, auch komplexe Sachverhalte verständlich zu vermitteln, machte ihn zu einem wertvollen Partner, Mentor und Diskussionsführer.
Wir verlieren mit ihm einen Fachmann, kritischen Geist und Innovator, vor allem aber einen Menschen und Freund, der mit Offenheit, Humor und unbeirrbarer Klarheit unsere Arbeit geprägt hat. Seine Stimme wird fehlen – sein Wirken bleibt.
In tiefer Dankbarkeit und
Die Vorstände/Präsidien und Mitglieder von GMDS, BVMI, bvitg, CCeSigG, TMF und KH-IT


 

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